Spielsucht

Volksblatt, 10.6.2021, S.5

“Glücksspiel kann süchtig machen.” Diesen Satz kennen wir wohl alle, doch nur Wenigen ist bewusst, wie gefährlich eine Spielsucht wirklich ist. Im Folgenden erfährst du, wie es zu einer Glücksspielsucht kommen kann, wie sie sich äußert und wie man sie schließlich bekämpfen kann.

Wie stark wir betroffen sind, zeigt die Randbemerkung im Volksblatt vom 10.6.21

Die Casino-Sucht  kann lange Zeit unter der Decke gehalten bleiben, aber eines Tages kommt sie zum Vorschein und dann sind die Konsequenzen verheerend.

Ein erlebtes Beispiel
Viktor ist ein junger Mann, aufgewachsen auf einem kleinen Bauernbetrieb. Er war in der Gemeinde als strebsam und tüchtig bekannt. Schon um fünf Uhr in der Früh arbeitete er auf dem Feld und ging nachher auf die Universität und studierte Agronomie. Er startete ein neues, modernes Projekt, das aber sehr kostenintensiv war, denn eine Bewässerung, Geräte, Dünger, Maschinen usw. waren notwendig. Schritt für Schritt finanzierte die Unterzeichnete grösstenteils dieses aussichtsreiche Projekt.
Als sein Vater starb, ging Viktor ins Casino, um für einige Stunden die Trauer zu vergessen. Zuerst spielte er mit ca. drei bis fünf Franken. Eines Tages ratterte der Spielautomat und  der Geldsegen war für seine Verhältnisse unfassbar. Leider wurde er ab diesem Moment süchtig.
Er sagt heute, früher hätte er nie daran gedacht, auch nur einen Franken zu stehlen. Aber in seiner Geldnot stahl er seiner Mutter ihr  hart verdientes Geld. Dann fälschte er Rechnungen und zog Geld vom Projekt ab.  Als  diese Veruntreuung ans Licht kam, hat er dann gestanden, dass er casinosüchtig sei. Wir haben ihn  in eine Alkoholsuchtstelle geschickt, weil es in der Nähe keine Spielsuchtstelle gab. Heute sagt er, er hätte geweint wie ein Kind und geschrien, denn er wollte raus aus der Sucht aber er wurde wie von einem bösen Geist getrieben immer wieder rückfällig. Die ganze Phase dauerte 10 Jahre und gerettet hat ihn seine Frau, der ihr heute sehr  dankbar ist.

Einen Satz von ihm werde ich nie vergessen:  «Wenn Sie einmal in Ihrem Leben noch etwas Gutes tun wollen, dann setzen Sie sich bitte für die Spielsüchtigen ein.“  Das habe ich mir zu Herzen genommen.
Antonia Frick, Vaduz – siehe Beitrag „Suchtgefahr“ unter „Stimmen aus dem Volk“

Definition: Was ist Spielsucht?

Spielsucht, oder Glücksspielsucht, ist die umgangssprachliche Bezeichnung des Fachbegriffes pathologisches Spielen, auch zwanghaftes Spielen genannt. Pathologisches Spielen fällt nach der aktuellen Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter “Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle” und ist dort gekennzeichnet durch “häufiges und wiederholtes episodenhaftes Glücksspiel, das die Lebensführung der betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt“.

Zusammenfassend gibt es folgende Formen des Glücksspiels:

  • Glücksspiele an Geldautomaten
  • Sportwetten
  • Lotterien und Rubbellose
  • Roulette, Poker, Kartenspiele
  • Spiele im Casino

Ursachen für Spielsucht

Die Gründe für die Entstehung einer Glücksspielsucht sind vielseitig und hängen meist miteinander zusammen. Manche dieser Faktoren, die das Ausbilden der Sucht fördern, sind angeboren, während andere sich im Laufe des Lebens aus der Umwelt ergeben.

Auffällige Charaktereigenschaften

Unter anderem sind Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen, Ängsten vor Kontrollverlust oder sonstigen psychischen Störungen besonders anfällig dafür, eine Spielsucht auszubilden. Diese Personen spielen, um sich von ihren Problemen und belastenden Gedanken abzulenken. Sie nutzen das Spielen zur Regulierung ihrer Emotionen. Die Gewinne geben ihnen für kurze Zeit das Gefühl, die Kontrolle über die Situation zu haben und stärken ihr Selbstwertgefühl.

Auch Menschen, die zu impulsivem Verhalten neigen, also eher spontan und unüberlegt handeln und dabei die möglichen Folgen ihrer Handlungen ausblenden, sind anfälliger für eine Spielsucht. Eine gesteigerte Risikofreude und ein größerer Reizhunger tragen dazu bei, da diese Menschen mehr äußere Anregungen benötigen, um ein bestimmtes Erregungsniveau zu erreichen.

Schicksalsschläge

Häufig berichten Spielsüchtige davon, dass sie nach einem einschneidenden Erlebnis wie einem Todesfall in der Familie oder im engen Bekanntenkreis, einer plötzlichen Erkrankung oder dem Jobverlust in die Spielsucht geraten sind. Häufig haben sie nach Ablenkung gesucht, um der bedrückenden Realität zu entfliehen, ähnlich wie es oft bei einer Alkohol- oder sonstigen Drogenabhängigkeit der Fall ist. Aus dem Grund tritt eine Glücksspielsucht auch häufig in Verbindung mit weiteren Süchten auf.

Aufbau von Glücksspielen

Eine zentrale Ursache für die Spielsucht ist der Aufbau von Glücksspielen. Obwohl der Spielausgang zum Großteil vom Zufall abhängt, geben sie den Spielenden das Gefühl, durch Taktik oder Kenntnisse das Spiel beeinflussen zu können. Beabsichtigte “Fast-Gewinne” halten Spielende dazu an, immer weiter zu spielen, da sie denken, dass sie schon so nah am Gewinn sind und es beim nächsten Mal doch klappen muss. Auch die unmittelbaren Ergebnisse fördern die Abhängigkeit, da das Spiel so direkt das Bewusstsein beeinflussen kann. Unregelmäßige Gewinne halten den Reiz des Spiels aufrecht und sorgen dafür, dass Verlustserien leichter ausgeblendet werden. Auch das Austauschen des echten Geldes durch Münzen oder Spielgeld verleiten zu riskantem Spielen, da die eigentliche Höhe der Einsätze nicht mehr direkt nachvollziehbar ist.

Das Suchtpotential von Glücksspielen

Ein weiterer Suchtfaktor von Glücksspielen ist, dass beim Gewinnen der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird, der angenehme Emotionen auslöst und die verantwortlichen Verhaltensweisen belohnt. So konzentriert sich das Gehirn immer mehr auf das Spiel und blendet das Umfeld und andere Gedanken zunehmend aus. Mit der Zeit gewöhnt sich der Körper jedoch an die Ausschüttung des Botenstoffes. Folglich muss der Spielende länger oder mit höheren Einsätzen spielen, um das gute Gefühl aufrecht zu erhalten.

Folgen von Spielsucht

Eine Spielsucht wirkt sich nicht nur auf den Betroffenen selbst aus, sondern belastet in Fällen langfristig auch sein Umfeld. Sowohl die finanziellen als auch die psychischen Probleme des Spielsüchtigen werden häufig auf nahestehende Personen übertragen.

Schulden als Folge der Spielsucht

Die naheliegendste Auswirkung von Glücksspielsucht ist der zunehmende finanzielle Verlust, der langfristig zur Verschuldung führen kann. Glücksspielsüchtige denken häufig, sie könnten ihr verlorenes Geld zurückgewinnen, setzen demnach immer mehr Geld und geraten in einen Teufelskreis. Selbst wenn ihnen eigentlich keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stehen, nehmen sie Kredite auf oder leihen sich Geld bei Freunden oder Verwandten, mit der Absicht, es zurückzuzahlen. Oft ist ihnen der finanzielle Schaden durchaus bewusst, aber sie schaffen es nicht, gegen den Drang, zu spielen, anzukommen.

Einschränkungen des Alltags

Da das Spielen einen Großteil der Freizeit der Betroffenen einnimmt, bleibt wenig bis keine Zeit für andere Hobbys und Tätigkeiten. Die Situation kann sich zuspitzen, sodass zusätzlich Beruf, Schule oder Studium vernachlässigt werden. In einigen Fällen hat die Spielsucht die Betroffenen so sehr im Griff, dass die Arbeitslosigkeit folgt. Auch hier geraten Opfer der Spielsucht in einen Teufelskreis, da sie noch mehr Zeit fürs Spielen haben, von zunehmenden Problemen belastet werden, von denen sie sich ablenken möchten, und obendrein ihre Einnahmequelle verlieren, was die finanziellen Schwierigkeiten verstärkt.

Auswirkungen auf Angehörige

Auch die Angehörigen von Spielsüchtigen leiden unter der Sucht

Aufgrund ihrer Spielsucht vernachlässigen Betroffene häufig ihre Familie und Beziehungen, da sie nicht mehr genügend Zeit aufwenden können, um den Kontakt zu pflegen oder da ihnen ihre Lage unangenehm ist und sie diese geheim halten möchten. Dazu kommt es häufig zu Konflikten mit nahestehenden Personen, speziell, wenn Geldleihen ins Spiel kommt. Häufig wenden sich als Folge nahestehende Personen ab, wenn der Betroffene den Kontakt nicht vorher schon abgebrochen hat. Nicht selten folgen Trennungen, da besonders die Partner von Betroffenen ebenfalls unter den finanziellen und psychischen Problemen der Spielsüchtigen leiden.

Psychische Probleme

Häufig leiden Betroffene der Spielsucht schon zu Beginn der Sucht unter psychischen Beschwerden und versuchen mit dem Glücksspiel, ihre Probleme zu unterdrücken und ihre Stimmung zeitweise zu heben. Nicht nur durch die Verdrängung der ursprünglichen Probleme, sondern zusätzlich durch die bereits erwähnten negativen finanziellen und sozialen Auswirkungen, verschlechtert sich die psychische Gesundheit der Betroffenen zunehmend. Häufig äußert sich diese Zuspitzung folgendermaßen:

  • Niedergeschlagenheit bis hin zu Depressionen
  • Einsamkeit
  • Angststörungen und Panikanfälle
  • Alkoholprobleme
  • Drogenprobleme
  • Suizidgedanken
  • Verwicklung in Straftaten

Hilfe bei Spielsucht

Der Weg aus einer Spielsucht ist häufig nicht leicht, da sich mit der Sucht häufig ein Netz verschiedenster Probleme gespannt hat, die sich gegenseitig beeinflussen. Je nachdem, wie fortgeschritten die Spielsucht ist, kann eine Spielsucht-Therapie der einzige Ausweg sein.

Suchtberatung

Beratungsstellen stellen häufig die erste Anlaufstelle für Hilfesuchende dar.

www.sos-spielsucht.li
www.sos-spielsucht.ch

Du wirst umfassend über deine Möglichkeiten informiert und kannst gemeinsam mit Experten entscheiden, was der für dich beste Weg aus der Sucht ist.

IG VolksMeinung

Quelle: www.lernen.net